GeSMo - Genderorientierte Standortbewertung der Mobilitätsqualität
Kurzbeschreibung
Ziel des Projekts
Im Fokus stehen zwei Zielgruppen:
Erstens Menschen, die in ihrem Alltag mit mehreren Verpflichtungen und Verantwortlichkeiten (Erwerbsarbeit, Versorgungsverpflichtungen, etc.) konfrontiert sind und komplexe Mobilitätsmuster aufweisen.
Zweitens ältere Menschen, die besonders auf einen barrierefreien Zugang zu Verkehrssystemen angewiesen sind, um ihre Lebensqualität beizubehalten und am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Beide Gruppen umfassen überwiegend Frauen.
Fragestellungen
- Wie lassen sich genderspezifische Mobilitätsverhaltensmuster definieren?
- Wie kann ein Standortbewertungsmodell entwickelt werden, welches Genderaspekte miteinbezieht?
Hintergrund des Projekts
Genderaspekte werden in der Mobilitätsforschung und Verkehrsplanung völlig unzureichend berücksichtigt. Genderspezifische Unterschiede in den Charakteristika des Mobilitätsverhaltens und in den Mobilitätsmustern sind jedoch durch Studien belegt. Frauen müssen ihre Erwerbsarbeitsverpflichtungen mehrheitlich mit Familien- und Versorgungsarbeit vereinbaren. Damit haben sie besondere Ansprüche an Verkehrssysteme, die bei der Entwicklung von Mobilitätslösungen berücksichtigt werden müssen.
In der aktuellen Debatte um standortbezogene Bewertungen der Mobilität fällt die unzureichende Einbeziehung von Genderaspekten auf. Ansätze zur Entwicklung web-basierter Informationslösungen gehen kaum oder gar nicht auf zielgruppenspezifische Anforderungen ein und laufen so Gefahr, von den Nutzer:innen nicht ausreichend akzeptiert zu werden.
Geschlechter-/Gender-Konzeption
Es wird davon ausgegangen, dass Männer und Frauen unterschiedliche Mobilitätsmuster aufweisen. Genderaspekte werden mit Aspekten der Versorgungsverpflichtung und dem Alter (und damit verbundene potentielle Mobilitätseinschränkungen) kombiniert.
Ergebnisse
In einem ersten Projektschritt wurden gruppenspezifischer Anforderungen erfasst. Basierend auf einer Befragung (N=1000, darunter 340 Verwertbare: 180 Alleinerziehende, 160 alleinstehende Ältere) sowie Tiefeninterviews mit den Zielgruppen wurden in GeSMo gruppenspezifische Bedürfnisse, Präferenzen und Akzeptanzgrenzen analysiert (z.B. Wichtigkeit der Erreichbarkeit verschiedener Einrichtungen, akzeptable Distanz zu Einrichtungen, Determinanten der Verkehrsmittelwahl).
Anschließend fand die Methodenentwicklung statt. Auf Basis wissenschaftstheoretischer Konzepte (Erreichbarkeitsmodelle, Aktionsraumanalyse, Indikatorengewichtung, etc.) und gruppenspezifischen Anforderungsanalysen wurde ein Bewertungsmodell der Mobilitätsqualität von Standorten erstellt.
Abschließend wurde eine Evaluierung durchgeführt. Das Modell wurde zusammen mit Vertreter:innen der beiden Zielgruppen sowie mit Expert:innen aus den potentiellen Anwendungsbereichen bewertet. Mit Privatpersonen wurde analysiert, wie Informationen zur Mobilitätsqualität von Standorten aufzubereiten sind, um die Zielgruppen über Mobilitätsmöglichkeiten an Standorten ausreichend zu informieren. In Interviews mit Expert:innen wurden darüber hinaus Anwendungen sowie Potenziale des Bewertungsmodells identifiziert.
Daraus ergaben sich gruppenspezifische Kennwerte für die Erreichbarkeit von Einrichtungen je nach Verkehrsmittel – veranschaulicht beispielsweise in Form einer Kennzahl (erreichte Punkteanzahl von 100 Punkten) oder aufgeschlüsselt je nach Verkehrsmittel (zu Fuß, mit dem Fahrrad, unter Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel und mittels motorisiertem Individualverkehr). Diese Kennzahlen ermöglichen eine gezielte Betrachtung und Bewusstmachung der Mobilitätsversorgung an Standorten – beispielsweise für Privatpersonen zur Beurteilung von Standorten anhand ihrer individuellen Mobilitätspräferenzen oder für Planende zur Identifizierung von spezifischen Unterversorgungen.
Die so entstandenen Projektergebnisse wurden gesammelt als Toolbox veröffentlicht. Diese Toolbox verdeutlicht Möglichkeiten des Einsatzes und der Umsetzung von zielgruppenspezifischen Informationen standortbezogener Mobilitätsqualität.
Insgesamt wurden 13 Anwendungen in den Bereichen private Haushalte, Politik, Planung, Bau- und Immobiliensektor sowie im Mobilitätsdienstleistungsbereich identifiziert:
Anwendungen:
- Angebotserweiterung von Mobilitätsdienstleistungen
- Grundstückswahl für Bebauungen
- Grundlage für Gemeinde- und Regionsentwicklungsprojekte
- Identifikation von Monostrukturen
- Immobilienberatung
- Informationsvermittlung
- Kommunale Standortanalysen
- Politikberatung
- Politische Lenkungsmaßnahmen
- Raumverträglichkeitsprüfung
- Simulation von Entwicklungen
- Standortentscheidungen für Unternehmen
- Wohnstandortentscheidungen privater Personen
2 Diplomarbeiten, eine davon : Veronika Friedl
Nominierung des Forschungsprojektes zum Staatspreis Mobilität 2013
Projektbeteiligte
Projektleitung
DIin Dr.in Alexandra Millonig, AIT
alexandra.millonig@ait.ac.at
Beteiligte Organisationen
- Österreichisches Forschungs- und Prüfzentrum Arsenal Ges.m.b.H (Projektkoordination)
- TU Wien – Fachbereich Stadt- und Regionalforschung
- Kommunikationsberatung bauen wohnen immobilie GmbH
Kontaktadresse
AIT
DIin Dr.in Alexandra Millonig
E-Mail: alexandra.millonig@ait.ac.at
Web: https://dts.ait.ac.at/projects/gesmo/de/