FemTools - Gendersensible Usability-Forschung am Beispiel von Werkzeugen zur Brennholzherstellung für Privatanwender:innen
Kurzbeschreibung
Fragestellungen
- Wie manifestiert sich das „doing gender" – also die Re-Produktion von gesellschaftlichen Geschlechterverhältnissen – in der Werkzeugentwicklung an den Beispielen Motorsägen und Häcksler?
- Wie kann eine gender-adäquate Entwicklung von Werkzeugen in diesem Bereich initiiert werden?
Hintergrund des Projekts
Werkzeughersteller:innen bewerben Werkzeuge wie Motorsägen und Häcksler nahezu ausschließlich mit Bildern von jungen, kräftigen Männern – der idealtypischen Vorstellung von Holzarbeitern. Damit wird u.a. eine gender-spezifische Zuständigkeit und Befähigung zur Brennholzherstellung suggeriert. Diese soziale Konstruktion spiegelt sich auch in der Produktauslegung wider (z.B. Griffformen, Gewicht, Kraftaufwand beim Starten).
Die Werkzeugauslegung und die dadurch kommunizierte geschlechtsspezifische Arbeitsteilung führen zu Erschwernissen in der Anwendung, die häufig als Kompetenzmangel ausgelegt werden. Dies führt zu einem strukturellen Ausschluss vieler Frauen, einem Teil der Männer, wie auch vieler älterer Personen aus der Brennholzherstellung, wodurch u.a. Geschlechterstereotypen fortgeschrieben werden. Zur Einschreibung von Geschlechterverhältnissen in Produkte liegen kaum empirische Arbeiten vor.
Geschlechter-/Gender-Konzeption
Im Rahmen dieses Forschungsvorhabens wird explizit von einem nicht essentialisierenden Geschlechterverständnis ausgegangen (Heterogenität von Genus-Gruppen), um Re-Stereotypisierungen zu vermeiden. Zudem wird die Kategorie „Geschlecht" mit der Sozialkategorie „Alter", wo sinnvoll, verbunden (intersektionelle Sichtweise).
Ergebnisse
Im Rahmen von FemTools wurden Nutzer:innentests für Motorsägen und Häcksler und ein Kurs zur Brennholzherstellung in Kooperation mit der Forstlichen Ausbildungsstätte Pichl durchgeführt. Die Firmen Stihl/Viking stellten dafür Geräte zur Verfügung, die Erkenntnisse des Projekts FemTools wurden ihnen präsentiert und gemeinsam mit Vertreter:innen aus den Abteilungen Produktentwicklung, Marketing, Vertrieb, Brand-Management und Zubehör diskutiert.
Auf Ebene der Produktentwicklung ergaben sich insbesondere folgende Erkenntnisse:
Die Diversität der Nutzerinnen hinsichtlich Nutzungsbedarf, ergonomischer Anforderungen und Technikzugang ist groß. Die Entwicklung spezieller „Frauengeräte" macht daher nicht nur keinen Sinn, sondern wird von den beteiligten Nutzerinnen auch durchwegs, weil als stereotypisierend/abwertend empfunden, abgelehnt.
Der Abbau von dichotomisierenden Geschlechterstereotypen kann über die Sichtbarmachung und Betonung der festgestellten Heterogenität von Frauen in diesem und ähnlichen Handlungsfeldern gefördert werden (die Heterogenität von Männern war nicht Gegenstand des Forschungsprojekts, ist aber nicht zuletzt aufgrund der unterschiedlichen Bezugnahmen der teilnehmenden Nutzerinnen auf Bekannte als These anzunehmen)
Wollen Hersteller:innen bedarfsgerechte Produkte entwickeln, ist somit neben der Berücksichtigung ergonomischer Aspekte im Sinne eines Universal Designs auch ein Hinterfragen von Bildern der „idealen Nutzer:innen" und von im Entwicklungsprozess vorgestellten Nutzungszusammenhängen wichtig, u.a. durch den Einsatz von Geräteentwicklerinnen und Produkttesterinnen in der Entwicklungsphase, wodurch unterschiedliche Sichtweisen auf Bedarfs- und Nutzungszusammenhänge Berücksichtigung finden können.
Im Laufe des Projekts stellte sich immer mehr heraus, dass der Mangel an passgenauer persönlicher Schultzausrüstung (PSA) für Frauen ein schwerwiegendes Hemmnis für ergonomisches und sicheres Arbeiten darstellt. Diese Erkenntnis wurde vom Projektteam verstärkt an die relevanten Akteur:innen vermittelt.
Diese Erkenntnisse aus dem Projekt wurden in zwei Workshops der Firma Stihl vermittelt und mit dem Management (Produktentwicklung, Marketing, PSA, Händler:innenbetreuung) diskutiert.
Durch die Kooperation mit der Forstlichen Ausbildungsstätte Pichl und durch Austausch mit weiteren interessierten Kursanbieter:innen konnte dazu beigetragen werden, dass Frauen verstärkt als Besucherinnen entsprechender forstlicher Kurse wahrgenommen wurden, und dass die Kursgestaltung anhand des Kurskonzeptes überdacht wurde. Durch die Vermittlung der richtigen Heiztechnik im Rahmen des Kurses konnte ein Beitrag zur Reduktion von Emissionen aus Holzheizungen geleistet werden.
Dissemination der Ergebnisse
Projekt- und Ergebnisfolder FemTools
Fachtagungen/Messen/Vorträge
- Vortrag beim Kompetenznetzwerk EDAD („Design für Alle – Deutschland"), Münster (16.04.2013)
- Präsentation der Ergebnisse im DesignResearch Lab von Prof.in Gesche Joost Universität der Künste, Berlin (15.04.2013)
- Teilnahme mit Informationsstand an einer KWF-Tagung (5.3.2013) für die Hersteller:innen von Schutzkleidung (PSA)
- Teilnahme am Motoristenkongress in Köln (23.2.2013)
- Workshop mit Vortrag am KWF (04.12.2012) Berichterstattung über KWF-Workshop von proplanta.at; Berichterstattung über KWF-Workshop von bauhof-online.de
- Teilnahme an einer Veranstaltung der GenderAG zum Thema „Neue Erfolgschancen durch Genderaspekte in Forschungs- und Innovationsprozessen" im Haus der Forschung (6. 11. 2012)
- Präsentation des Projekts bei der "Biennial Conference of the European Association for the Study of Science and Technology (4S/EASST) 2012" an der Copenhagen Business School (20.10.2012)
- Präsentation der Ergebnisse in der Forstlichen Ausbildungsstätte Pichl (Fokus Kursgestaltung, 25.09.2012)
- Präsentation des Projekts auf der Internationalen Holzmesse Klagenfurt (30.08. – 02.09.2012)
- Präsentation erster Projektergebnisse im Rahmen der Holzmesse Klagenfurt (01.09.2012)
- Präsentation erster Ergebnisse auf der Internationalen Gartenbaumesse Tulln (23.-27.8.2012)
- Präsentation von Ergebnissen am Herstellertag des Kuratoriums für Waldarbeit und Forsttechnik e.V. (KWF) in Groß-Umstatt (06.03.2012)
Publikationen
- Mraz, Gabriele; Hofmann, Roswitha;Bernhofer, Gabriele (2013): Die Motorsäge als vergeschlechtlichtes Artefakt. Maskulinitäts- und Femininitätskonstruktionen in der privaten Brennholzherstellung. Soziale Technik, 2/2013, 17-19. Soziale Technik 02/2013
- Mraz, Gabriele; Hofmann, Roswitha; Bernhofer, Gabriele (2013): Vom Baum zum Scheit: Frauen in der privaten Brennholzherstellung. Ökologisch Wirtschaften, 2/2013, 42-46. Ökologisches Wirtschaften 02/2013
- Knigge, Mathias (2013). Von der Leidenschaft einiger weniger zu einem wachsenden Marktsegment: Frauen und Motorsägen. Forsttechnische Informationen FTI. Mitgliederzeitschrift des KWF, 3+4 2013, 16-48. FTI 3+4 2013
- Fachveröffentlichung in der Zeitschrift des Kuratoriums Wald und Forstwirtschaft 03/13 (KWF, Deutschland)
Öffentlichkeitsarbeit
Projektbeteiligte
Projektleitung
Gabriele Mraz, Österreichisches Ökologie-Institut
Beteiligte Organisationen
- Österreichisches Ökologie-Institut (Projektkoordination)
- grauwert – Büro für demografiefeste Produkte und Dienstleistungen,
- Dr.in Roswitha Hofmann – Über Grenzen denken
Kontaktadresse
Österreichisches Ökologie-Institut
Gabriele Mraz
E-Mail: mraz@ecology.at
Web: https://ecology.at/femtools.htm