FEMbart - Das Polycystische Ovar-Syndrom – ein „Frauenproblem“ über Generationen

Ziel dieses Projekts ist es, erstmals zu untersuchen, wie sich in den einzelnen Generationen PCOS-bedingte Stoffwechselveränderungen sowohl sex- als auch genderspezifisch auswirken und ob weibliche und männliche Verwandte von den genannten Veränderungen betroffen sind, um generell Rückschlüsse für die Gesundheits­vorsorge dieser Gruppen ziehen zu können bzw. neue Therapiestrategien zu entwickeln.

Kurzbeschreibung

Fragestellung

Wie können PCOS-Betroffene frühzeitig identifiziert und ihre Gesundheitsvorsorge und Therapie sichergestellt werden?

Hintergrund des Projekts

Mindestens fünf bis zehn Prozent aller Frauen in Österreich sind von einem Polycystischen Ovar Syndrom (PCOS) betroffen. Bei 50-80 Prozent der Frauen mit PCOS besteht eine Insulinresistenz, die eine zentrale Rolle in der Pathophysiologie der Erkrankung spielt. Ungefähr die Hälfte aller Frauen mit PCOS leidet an Adipositas. Durch die von PCOS bedingten Hautveränderungen resultieren massive psychische Belastungen der betroffenen Frauen.

Obwohl die genaue Ätiologie nicht geklärt ist, lässt die familiäre Häufung von PCOS-Fällen auf einen genetischen Hintergrund dieser Erkrankung schließen. Familienstudien konnten diese auffallende hereditäre Disposition feststellen, auch männliche Verwandte zeigen hormonelle, metabolische und dermatologische Veränderungen.

Geschlechter-/Gender-Konzeption

Gender spielt im vorliegenden Projekt sowohl in der medizinischen Diagnostik als auch in der Erfassung von soziokulturellen, psychologischen und rollenspezifischen Merkmalen bei der Untersuchung des PCOS eine zentrale Rolle. Es sind a priori Unterschiede und Verschiebungen im hormonellen Metabolismus zwischen Frauen und Männern zu finden, die mit neuen unkonventionellen Techniken evaluiert und bewertet werden sollen.

Ergebnisse

Das Projekt FEMbart hat mit der Einladung von Proband:innen und der Gründung einer Selbsthilfegruppe für PCOS (Hirsutismus Flyer - Selbsthilfegruppe), der Medienarbeit, den Publikationen und Fortbildungen von jungen und/oder bereits klinisch tätigen Ärzt:innen aus vielen Fachdisziplinen einen großen Kreis an persönlich oder beruflich Betroffenen angesprochen, der für eine zunehmende Awarness für hormonelle und metabolische Probleme dieser Personengruppe und eine Multiplikatorwirkung bei Jugendlichen, Erwachsenen und Hochbetagten für die damit verbundenen Gesundheits- und Lebenszielchancen bei Frauen und Männern sorgt.

Über 1600 potentielle Proband:innen (4 bis 90 Jahre alt) wurden eingeladen. Eine genaue Charakterisierung inkl. Serummessungen und Funktionstests konnte bei 602 Personen aus allen Generationen durchgeführt werden. Dies entspricht einer Untersuchungsquote von 38% der Eingeladenen, mit einem Frauenanteil von 94%. Eine umfassende Abklärung der eingeladenen Personen wurde mit zahlreichen individuellen Lebensstil- und Therapievorschlägen abgeschlossen und übermittelt.

Technologisch neu für die beteiligten Firmenpartner:innen ist die Speichelmessung in extremen Altersgruppen (etwa bei Kindern und Hochbetagten), die nunmehr valide Ergebnisse generiert hat. Da wie erwartet, die Übereinstimmung von Serum- und Speicheldaten eingeschränkt ist, soll eine neue Definition des PCOS bei Frauen und Männern erarbeitet werden. Die technischen Modalitäten einer Einsendediagnostik wurden über Spezialgefäße ohne Adhäsion der Analyten an der Gefäßinnenwand herausgearbeitet.

Mit der nachgewiesenen Stabilität der Analyten bei Raumtemperatur/Versand kann eine weitere Anwendung in der Praxis breit erfolgen. Aufgrund der Expertise zu genetischen Untersuchungen wurde das Team in ein internationales wissenschaftliches Konsortium aufgenommen, das eine führende Arbeit zum wichtigen FTO-Gen in einer Metaanalyse publiziert hat.

Der „Proof-of-Principle" der Steroidmessung im Speichel durch Massenspektrographie (LCMS) ist trotz teils geringer Analytenmengen durchgeführt worden. Die Methodik konnte installiert werden, um die gewonnenen Proben in Zukunft durchgehend messen zu können. Dazu sind auch parallele Messungen aus dem Serum durch zwei unabhängige Institutionen mit jeweils unterschiedlichen Mess-Schwerpunkten (Steroidkaskade und aktive Androgen-Metabolite wie Dihydrotestosteron) im Laufen.

Diese Daten wurden den Projektpartner:innen übermittelt, um die eigenen Messdaten und deren Wertigkeit zu unterstützen. Aus den psychologisch-psychiatrischen Daten der Untersuchung konnten bisher zahlreiche Aspekte der Selbstwahrnehmung und der Reaktion auf Lebensumstände und Gewichtungen, wie etwa eine modifizierte Nahrungswahrnehmung, erschlossen werden.

Dissemination der Ergebnisse

Vorträge

  • FEMbart wurde auf mehreren Konferenzen präsentiert:
  • Jahreskongressen der Österreichischen Gesellschaft für Endokrinologie 2011, 2012 und 2015 OEGES Programm 2011 OEGES Programm 2012 OEGES Programm 2015
  • Kongress der Österreichischen Gesellschaft für Endokrinologie und Stoffwechsel 2012 in Graz
  • Congress der European Neuroendocrine Association in Wien, 5.-7.9.2012: Disturbed Eating Behavior and Its Influences on the Quality of Life in Polycystic Ovary Syndrome
  • Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Dermatologische Kosmetik und Altersforschung in Wien am 25.11.2011: Obermayer-Pietsch: Hormonelle Aspekte des Haarwachstums

Nachwuchsförderung

Für das Projektteam selbst und die zahlreichen beschäftigten jungen Forscherinnen und Forscher hat das Projekt FEMbart eine große Förderungsdimension gerade von weiblichen Wissenschaftlerinnen bewirkt, u.a. durch eine Habilitiation, fünf Disserationen und fünf Dip-lomarbeiten.

Im Rahmen einer Vorlesung in einem Grazer Pub (Mai 2011) aus der Serie „Wissensdurst" (Thema: „Testosteron für alle", Archiv Testosteron für Alle ) oder bei Schüler:innenführungen am Zentrum für Medizinische Forschung (ZMF) der MUG wurden die Themen des Projektes „FEMbart" medien- und laienwirksam dargestellt.

Publikationen

 

Projektbeteiligte

Projektleitung

Ao. Univ.Prof.in Dr.in Barbara Obermayer-Pietsch, Medizinische Universität Graz – Universitätsklinik für Innere Medizin – Klinische Abteilung für Endokrinologie/Nuklearmedizin

Beteiligte Organisationen

  • Medizinische Universität Graz – Universitätsklinik für Innere Medizin – Klinische Abteilung für Endokrinologie/Nuklearmedizin (Projektkoordination)
  • BSM Diagnostica GmbH
  • Demeditec Diagnostics

Kontaktadresse

Medizinische Universität Graz
Universitätsklinik für Innere Medizin
Klinische Abteilung für Endokrinologie/Nuklearmedizin
Ao. Univ.Prof.in Dr.in Barbara Obermayer-Pietsch
E-Mail: barbara.obermayer@medunigraz.at